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Theater im öffentlichen Raum

Do's & Dont's


„Sie wollen WAS? Auf Hannovers Straßen darf man nichts tun außer gehen und atmen“ – was lustig klingt ist leider ein Originalzitat eines städtischen Beamten, auf meine Anliegen, Theater im Stadtraum machen zu wollen.

Glücklicherweise reagieren nicht alle offiziellen Stellen mit derartigem Unverständnis, aber es zeigt: man sollte sorgfältig auswählen, mit welchen Ämtern man sich überhaupt in Verbindung setzt. Künstlerisches Arbeiten im öffentlichen Raum setzt neben Durchhaltevermögen auch eine hohe Frustrationstoleranz voraus. Das finden wir sehr traurig – nicht nur für die Kulturschaffenden selbst, sondern für die gesamte Stadtgesellschaft, der auf diese Weise viel Schönes entgeht.

Damit euch manches erspart bleibt, haben wir diese Tipps & Tricks zu Theater (und anderer Kunst) im öffentlichen Raum zusammengestellt. Einige dieser Tipps sind spezifisch für Hannover, andere gelten unserer Einschätzung nach weltweit.

Vorweg muss gesagt werden, dass diese Tipps rein subjektiv sind und sich nur auf ein sehr spezielles Format beziehen: Nämlich eine Form künstlerischer Arbeit, die zwar permanent und langfristig im öffentlichen Raum existiert, jedoch zu keinem Zeitpunkt größere Menschengruppen anzieht oder in sonstiger Weise zur öffentlichen Ruhestörung wird.

Die Frage, mit der wir uns hier beschäftigen lautet:

Wie können wir Dinge im öffentlichen Raum platzieren, und zwar so dass….

...wir uns dabei nicht strafbar machen

...und die Dinge langfristig dort bleiben, wo wir sie haben wollen?

RECHTLICHE SITUATION, oder: Wie verhindere ich, mich strafbar zu machen, obwohl ich doch eigentlich nur ein bisschen Kultur schaffen wollte?


In Hannover empfehlen wir den Fachbereich Junge Kultur des Kulturbüros (junge-kultur@hannover-stadt.de) als ersten Ansprechpartner für solche Fragen, bevor ihr euch im Behörden-Dschungel verirrt. Dort kann man euch auch sagen, mit welchen offiziellen Stellen ihr als nächstes sprechen solltet. Je nachdem, wie euer Format aussieht, können nämlich unterschiedliche Behörden verantwortlich sein und gerade wenn es um Großveranstaltungen geht, kommen ganz spezielle rechtliche Faktoren zum Tragen.

Sobald ihr etwas im öffentlichen Raum platzieren wollt, stellt sich natürlich die Frage, ob ihr dafür eine Erlaubnis braucht. Unserer Erfahrung nach ist eine offizielle Erlaubnis von Seiten der Stadt wenn überhaupt nur sehr aufwendig zu bekommen. Aber es gibt Auswege. Denn natürlich ist es ganz normal, dass Menschen Dinge im öffentlichen Raum platzieren – wir tun es jeden Tag und denken gar nicht darüber nach. Beispielsweise stellen Leute ihre Fahrräder auf der Straße ab und machen sich damit (zum Glück!) nicht strafbar. Auch öffentliche Bücherschränke sind ein Ort, der eigens dafür geschaffen wurde, ursprüngliche private Gegenstände (eben Bücher) hineinzustellen. „Liebesschlösser“ an Brücken sind vielerorts zumindest geduldet. Bestimmt fallen euch noch mehr solche Beispiele ein und kommt so auf Ideen, wo man im öffentlichen Raum Objekte platzieren kann.


Das, was wir gerne „öffentlicher Raum“ nennen, ist häufig außerdem gar nicht öffentlich. In unserem Fall spielt uns das in die Karten. Denn oft ist es sehr viel einfacher, eine Erlaubnis von Privatpersonen zu bekommen. Ihr könnt z.B. Ladenbesitzer*innen bitten, etwas für euch im Schaufenster zu platzieren, wo es von der Straße aus einsehbar ist. Ihr könnt halböffentliche Orte wie Läden, Cafés oder Kneipen direkt einbeziehen und euer Publikum dorthin schicken. Das muss natürlich vorher gut abgesprochen sein und erfordert einiges an Feingefühl und Überredungskunst. Auch private Hausbesitzer*innen oder Bewohner*innen von Erdgeschosswohnungen können euch erlauben, etwas an ihrer Hauswand, ihrem Gartenzaun oder sogar von innen auf der Fensterbank zu platzieren. Am besten ist es, persönlich vorbeizugehen und einfach nachzufragen!


Natürlich sind auch Graffitis und Tags ein Mittel, um im Stadtraum Informationen zu hinterlegen oder mit einer wie auch immer gearteten Öffentlichkeit zu kommunizieren. Allerdings ist der Übergang zum Vandalismus fließend. Falls ihr euch entscheidet, geschriebenen Text im öffentlichen Raum zu nutzen, achtet bitte darauf es nur dort zu tun, wo es wirklich niemandem schadet: Es gibt ausgewiesene Street-Art Flächen (Achtung: Hier besteht die Gefahr, dass eure Botschaften schnell übersprüht werden) oder halb-permanente Strukturen wie z.B. Spanplatten, die Bauflächen abzäunen. Auf gar keinen Fall solltet ihr Hauswände oder gar unter Denkmalschutz stehende Gebäude beschmieren.

SCHUTZ VOR DIEBSTAHL, oder: Wie gehe ich sicher, dass die Dinge dort bleiben, wo ich sie haben will?


Die kurze Antwort lautet: GAR NICHT. Völlige Sicherheit gibt es nicht im Leben und schon gar nicht beim Kunst im öffentlichen Raum.

Und manchmal ist das, was besonders sicher erscheint, genau das überhaupt nicht!

Ein Beispiel: In einer früheren Version von „Dritter.Vierter.77“ hatten wir einen Koffer an einem Brückengeländer mit einer dicken Metallkette festgekettet. Der Koffer hing außerdem über das Brückengeländer herab in einem Dickicht, war also kaum zu entdecken, wenn man nicht gezielt danach Ausschau hielt. Außerdem war der Koffer mit einem stabilen Schloss verschlossen. Klingt ganz schön sicher, oder?


Zuerst wurde dieser Koffer von der Polizei aufgebrochen, die einen netten Zettel hinterließ, adressiert an Silke, mit dem Hinweis, dass der Koffer leider aus gefahren-abwehrenden Gründen kontrolliert werden musste. Keine drei Wochen später, wurde der eilig hergerichtete Ersatzkoffer von jemandem geklaut, dem es offenbar die Mühe wert war, dafür extra einen Bolzenschneider mitzubringen.

Wenn ihr also denkt, es sei eine gute Idee ein „unbeaufsichtigtes Gepäckstück“ im öffentlichen Raum zu platzieren – so wie es uns damals in den Sinn kam – NEIN! Glaubt uns, es ist wirklich keine gute Idee. Wenn es keine Alternative gibt, empfehlen wir, dieses Objekt zumindest nicht abzuschließen. Denn so kann die Polizei zur „Gefahrenabwendung“ nachsehen, ohne dabei gleich euer liebevoll gestaltetes Requisit zu zerstören. Außerdem hilft es, vorab mit der Polizei zu reden. Am besten geht ihr persönlich zur örtlichen Polizeidienststelle, erklärt was ihr tut und beschreibt ganz genau welche Objekte an welchen Orten zu eurer Inszenierung gehören.

Wir haben aus dieser Erfahrung außerdem gelernt: Wenn ein Objekt interessant genug ist, scheuen manche Menschen keine Mühe, um dieses Objekt zu entwenden (Zugegeben, die Wahrscheinlichkeit, dass ein festgekettetes Objekt entwendet wird geht wohl unmittelbar mit der Bolzenschneider-Dichte in eurem Kiez einher). Das ist wahrscheinlich gar nicht böse gemeint, denn unbeteiligte Passant*innen kennen den Kontext nicht und ihr könnt es sogar als Kompliment verstehen. Immerhin habt ihr offenbar Neugier geweckt!

Zum Glück gib es effektivere Methoden als Eisenketten, um Dinge im öffentlichen Raum zu schützen:

Tarnung kann auf unterschiedliche Weise funktionieren. Ihr könnt dafür sorgen, dass etwas so langweilig und alltäglich wirkt, dass Unbeteiligte ganz einfach daran vorbeilaufen: Niemand interessiert sich für ein klappriges Fahrrad. Das Schlimmste was passieren kann, ist, dass ihr regelmäßig leere To-Go Becher aus dem Gepäckträger fischen müsst. Hier liegt die Kunst eher darin, euer Publikum zielgerichtet zu euren Objekten zu führen, damit sie diese überhaupt finden.

Interessanterweise funktioniert auch das Gegenteil: Ihr könnt ein Objekt sehr auffällig gestalten, solange es offiziell wirkt. Wenn Passant*innen glauben, dass ein Objekt von einer Behörde oder einer anderen wichtigen Institution dort platziert wurde, dann schützt die Autorität dieser vermeintlichen Institution vor Diebstahl. Ein Beispiel ist unsere „Infotafel“ des frei erfundenen „Hannoverschen Bund für Zeitgeschichte“, die lediglich mit einem dünnen Draht an einem Fenstergitter befestigt ist und trotzdem seit fast einem Jahr nicht gestohlen wurde.


Nicht zu vergessen ist die besonders elegante Lösung, Dinge, die bereits da sind, unverändert in eure Inszenierung einzubeziehen, indem ihr z.B. einfach eine Behauptung darüber aufstellt. Das ist nicht nur extrem sicher, sondern auch kostengünstig. So könnt ihr ganze Statuen, Springbrunnen oder Gebäudekomplexe für eure Zwecke benutzen, ohne dafür auch nur einen Cent auszugeben. Natürlich solltet ihr darauf achten, dass ihr niemandem mit diesen „Fake News“ schadet.


Der letzte Tipp:

Um auf Nummer Sicherheit solltet ihr immer ein Notfall-Exemplar parat haben, falls doch mal etwas geklaut wird.


Wir hoffen, dass ihr diese Tipps & Tricks hilfreich fandet und freuen uns darauf, eure Inszenierungen im öffentlichen Raum erleben zu können. Wenn ihr Fragen habt oder Austausch sucht, dann schreibt uns eine Mail an buero@buero-fuer-eskapismus.de




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